Feldenkrais Methode

Die Feldenkrais-Methode kennt zwei gleichberechtigte Anwendungsformen, genannt „Bewusstheit durch Bewegung“ (kurz: ATM, Awareness through Movement) und „Funktionale Integration“ (kurz: FI). Beide bieten Ihnen einen Rahmen, innerhalb dessen Sie ohne Zeitdruck und ohne Wertung selbst herausfinden und erfahren können, welche Bewegungsmuster Sie verwenden, wo sie sich einschränken oder sich Möglichkeiten versagen. Gleichzeitig entdecken Sie dabei auch, wo Sie Optionen haben, die Sie bisher nicht nutzen oder noch gar nicht kannten.

Bewusstheit durch Bewegung wird meist in der Gruppe unterrichtet. Dabei gebe ich verbale Bewegungsanweisungen und stelle parallel dazu Fragen zur Wahrnehmung. In vielen Feldenkrais-Lektionen dienen einfache Bewegungen aus unserem Alltag als Ausgangspunkt, die Sie zu Beginn auf Ihre gewohnte Art ausführen. Anschließend werden die einzelnen Elemente dieser Bewegung auf vielfache Weise variiert und auf verschiedene ungewohnte oder unbekannte Arten kombiniert. Da dies spielerisch und ohne Erfolgszwang geschieht, entsteht ein Lernabenteuer, das in vieler Hinsicht der Art und Weise ähnelt, mit der Sie als Baby und Kleinkind gelernt haben.

Die Fragen zwischen den Bewegungsanweisungen lenken Ihre Aufmerksamkeit auf das Wahrnehmen der Unterschiede zwischen den verschiedenen Varianten. Auf diese Weise schulen Sie nach und nach Ihr Unterscheidungsvermögen, bis Sie selbst feinste Unterschiede wahrnehmen können, und entdecken mehr Handlungsalternativen, mehr Möglichkeiten, ein und dieselbe Sache zu tun.

Auf diese Fragen gebe ich bewusst keine „richtige“, allgemeingültige Antwort – Sie müssen oder besser gesagt dürfen selbst entscheiden, was jeweils für sie stimmig ist. So finden Sie für sich heraus, wie sie sich besser und effizienter bewegen können – nach Ihren ganz persönlichen, ureigensten Maßstäben.

Funktionale Integration kommt in der Einzelarbeit zum Einsatz. Auch hierbei werden Bewegungen, Muster und Gewohnheiten erforscht. Doch im Gegensatz zu Bewusstheit durch Bewegung liegen Sie hier (in bequemer Kleidung) auf einer Liege und ich führe Sie weitgehend ohne Worte nur durch sanfte aber klare Berührungen durch verschiedene Bewegungen und deren Variationen.

Dabei kommt der Art der Berührung eine zentrale Rolle zu. Ich habe mein Nervensystem darin geschult, selbst kleinste Unterschiede wahrzunehmen und gelernt, äußerste fein abgestufte Bewegungen zu produzieren. In der Funktionalen Integration stelle ich diese Fähigkeit Ihrem Nervensystem zur Verfügung. So lernen Sie, unwillkürlich gewordene Muskelaktivität wahrzunehmen und finden gemeinsam heraus, welches Muster oder Bild Sie von einer Bewegung haben, und ob dieses Ihren Möglichkeiten (noch) angemessen ist.

Einzelstunden in Funktionaler Integration entstehen immer aus dem Augenblick und Ihrer individuellen Situation. Es ist ein gemeinsames Forschen und Fragen zweier Nervensysteme.

Sensomotorisches Lernen

In der Feldenkrais-Methode geht es dennoch nicht vorrangig um mehr Beweglichkeit:

Feldenkrais betont, dass sich jede menschliche Handlung aus den Komponenten Bewegung, Wahrnehmung, Fühlen und Denken zusammensetzt. Diese vier existieren gleichzeitig und durchdringen und beeinflussen sich gegenseitig. Verändert sich eine der Komponenten, führt das zwangsläufig zu Veränderungen in den anderen drei, und das Handeln des ganzen Menschen ändert sich.

Feldenkrais entschied sich für die Veränderung der Bewegung, weil dieser eine ganz besondere Rolle zukommt: Erstens ist Bewegung eine Grundvoraussetzung allen Lebens, zweitens lässt sie sich weitgehend objektiv beurteilen und drittens findet jede Bewegung immer in der Schwerkraft statt.

Moshé Feldenkrais erkannte auch, dass die Schwerkraft für das Nervensystem eine universelle Konstante, eine objektive Referenz darstellt und dies in der Entwicklungsgeschichte aller Lebensformen schon immer gewesen ist. Ohne Schwerkraft gibt es keine Orientierung und es ist unmöglich, den Kraftaufwand einer Bewegung zuverlässig zu beurteilen.

Er war der (inzwischen bestätigten) Ansicht, dass sich die neuromuskulären Muster und Verbindungen im Gehirn ändern lassen und, dass der Prozess des organischen, ganzheitlichen Lernens, den wir als Baby und Kleinkind durchlaufen haben, zu jedem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen werden kann.

Ziel der Feldenkrais-Methode ist es, Menschen eine umfassende Weiterentwicklung und Reifung in jedem von ihnen gewünschten Bereich zu ermöglichen. Denn wie er es selbst ausdrückte: „Ich glaube, dass die latenten Möglichkeiten eines jeden von uns, die mit denen wir leben, bei Weitem übersteigen.“